Wirkt die Tetanus-Impfung?
18. Dezember 2019
Guten Tag, ich hätte an Sie mal eine Grundsätzliche Frage, weil mich ein paar Meinungen aus dem Bekanntenkreis doch stutzig machen. Thema ist die Tetanusimpfung. Tetanus wird ja nicht durch das Bakterium selbst ausgelöst, sondern durch die gebildeten Toxine. Jetzt weiß man ja aus der Natur, z.B. von Schlangen oder ähnlichen Tieren, das es zu einem Gift immer nur ein Gegengift gibt und keine Prophylaxe. Wie ist es also möglich, das der Tetanusimpfstoff eine Prophylaxe gegen eine Gift darstellen kann? Was sind also die Unterschiede hier und ist eine Tetanusimpfung somit überhaupt wirksam. Als weiteres Beispiel hätte ich auch noch, das man jedes Mal wenn man im KH behandelt wird (offene Wunden etc.), die Tetanusimpfung vor Ort nochmals aufgefrischt wird anstelle auf den "Impfschutz" zu vertrauen. Warum ist das so?
Wie Sie schreiben, wird gegen Schlangengift Antiserum (Gegengift) eingesetzt. Dies enthält Antikörper, die durch komplexe Herstellungsprozesse gewonnen werden. Das Antiserum wird bei einem Schlangenbiss verabreicht, um eine passive Immunisierung gegen das Gift zu erzielen. Bislang ist es – unserer Kenntnis nach - der Forschung noch nicht gelungen, Impfstoffe gegen Schlangengift für eine prophylaktische aktive Immunisierung zu entwickeln, durch die der Körper stimuliert würde, selbst Immunantworten zu entwickeln, die vor den gefährlichen Auswirkungen des Schlangengifts schützen würden.
Anders ist die Situation bei Tetanus: Hier stehen sowohl Impfstoffe zur vorbeugenden und postexpositionellen aktiven Immunisierung als auch Tetanus-Immunglobulin zur postexpositionellen passiven Immunisierung zur Verfügung. Ob im Verletzungsfall geimpft werden muss und ggf. zusätzlich Immunglobulin gegeben wird, hängt von der Art und Schwere der Wunde, dem dokumentierten Impfstatus und der Zeit seit der letzten Impfung ab. Bei unbekanntem Impfstatus wird vorgegangen, als wäre der Verletzte nicht geimpft.
Nach der Grundimmunisierung gegen Tetanus sind routinemäßig regelmäßige Auffrischimpfungen erforderlich (siehe Impfkalender gesundes-kind.de/…/), da der Impfschutz im Laufe der Zeit nachlässt. Zudem ist keine Impfung zu 100 Prozent wirksam. Eine Tetanus-Infektion verläuft trotz intensivmedizinischer Behandlung häufig tödlich, daher wird im Verletzungsfall die bestmögliche Vorsorge getroffen.
Weitere Informationen zu Tetanus und Einzelheiten zur Impfung finden Sie auf unseren Internetseiten unter gesundes-kind.de/…/ sowie auf den Seiten des Robert Koch-Instituts unter rki.de/…/Ratgeber_Tetanus.html und rki.de/…/FAQ-Liste_Tetanus_Impfen.html.
Die Impfstoffe gegen Tetanus enthalten adsorbiertes Toxoid, welches das Immunsystem zu schützenden Immunantworten anregt. Nahezu alle Geimpften bilden Antikörper gegen Tetanus. Einzelheiten zu allen zugelassenen Impfstoffen incl. der pharmakologischen Eigenschaften können Sie in den Fachinformationen nachlesen (pei.de/…/tetanus-node.html, Link in der rechten Spalte anklicken).
Die Effektivität der Tetanus-Impfung zeigt sich beispielsweise darin, dass Impfprogramme für Mütter zu einer zuverlässigen Kontrolle von Tetanus bei Neugeborenen beigetragen haben. Studiendaten ergaben, dass die Impfung von Müttern die Sterblichkeit von Neugeborenen infolge einer Tetanus-Infektion um 94 Prozent senken konnte. Beim Neugeborenen-Tetanus stellt der Nabel-Stumpf die Eintrittspforte für den Erreger dar. Geimpfte Mütter können ihrem Kind Antikörper mitgeben, so dass von einem zuverlässigen Nestschutz gegen Tetanus ausgegangen werden kann. In Industrieländern stellt der Neugeborenen-Tetanus eine Rarität dar, seit in der Geburtshilfe bei der Nabelschnurdurchtrennung auf Hygiene geachtet wird und die große Mehrheit der Gebärenden einen ausreichenden Impfschutz gegen Tetanus aufweist. Die Effektivität der Tetanus-Impfung wird auch dadurch belegt, dass nur sehr selten Erkrankungen bei Geimpften auftreten. In Europa sind am häufigsten ältere Menschen betroffen, die keinen Impfschutz (mehr) haben.
Weitere Infos sind nachzulesen beim European Centre for Disease Prevention and Control ECDC unter ecdc.europa.eu/…/tetanus-annual-epidemiological-report-2017 sowie bei der Weltgesundheitsorganisation WHO unter who.int/…/.
Für eine individuelle Beratung zur Tetanus-Impfung wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt / Ihre Ärztin.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Gesundes-Kind-Team

Unser Expertenrat vom Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin an der Universitätsmedizin Mainz beantwortet Ihre Fragen zum Thema Impfschutz für Kinder.