Diabetes-Medikament erhöht möglicherweise Risiko für Geburtsfehler geringfügig
Eine umfangreiche dänisch-amerikanische Studie legt die Vermutung nahe, dass die Einnahme von Metformin – ein gebräuchliches Medikament zur Behandlung von Diabetes - vor der Empfängnis das Risiko von Geburtsfehlern erhöhen könnte.
Metformin, ein seit Jahrzehnten eingesetztes Medikament, kann laut einer umfangreichen dänischen Studie das Risiko von Geburtsfehlern bei den Nachkommen von Männern erhöhen, die es während der Spermienentwicklung eingenommen haben. Laut der in den „Annals of Internal Medicine“ veröffentlichten Studie hatten Söhne dieser Männer häufiger eine Veränderung an den Fortpflanzungsorganen wie nicht exponierte Babys. Die Genitaldefekte wie Hypospadie, wenn die Harnröhre nicht aus der Penisspitze austritt, waren zwar relativ selten und traten bei 0,9% aller Babys auf, deren biologische Väter in den 3 Monaten vor der Empfängnis Metformin eingenommen hatten (im Vergleich zu 0,24% der nicht exponierten Babys).
Weltweit nehmen Millionen Menschen Metformin ein, sodass auch geringe Rate bedeutsam werden könnte
Epidemiologen befürchten, dass die Ergebnisse wichtig sind, da weltweit viele Millionen Menschen Metformin verschrieben bekommen, hauptsächlich bei Typ-2-Diabetes. Da Übergewicht in vielen Ländern ein zunehmendes Problem ist und in der Folge auch Diabetes, sind auch immer mehr junge Männer auf dieses Medikament angewiesen. Experten, die von "Science" befragt wurden, gaben zu bedenken, dass die Ergebnisse des Papiers vorläufig und beobachtend seien und erst bestätigt werden müssten. Auch könnten andere Faktoren neben Metformin die Resultate beeinflusst haben. Die Wissenschaftler warnten Männer mit Diabetes davor, Metformin abrupt abzusetzen, bevor sie versuchen, mit ihrer Frau ein Kind zu zeugen.
„Metformin ist ein sicheres Medikament, es ist billig und es tut, was es tun muss“, indem es den Blutzuckerspiegel kontrolliert“, verdeutlichte der Erstautor der Studie, Assistenz-Professor Maarten Wensink, Epidemiologe und Biostatistiker an der University of Southern Denmark. Jede Änderung der Medikation „ist eine komplexe Entscheidung, die [ein Paar] zusammen mit ihren Ärzten treffen sollte“, betonte er.
Das Medikament wird seit den 1950er Jahren verwendet, aber dies ist die erste große Studie, die alle väterlich vermittelten Auswirkungen auf menschliche Geburtsfehler analysiert. Obwohl die Verwendung von Metformin auf ältere Menschen ausgerichtet ist, bedeutet der Anstieg von Diabetes, dass mehr Männer in ihren reproduktiven Jahren das Medikament einnehmen.
Zeitraum 90 Tage vor der Zeugung ist anscheinend von Bedeutung
Die Forscher analysierten Aufzeichnungen von mehr als 1,1 Millionen Babys, die zwischen 1997 und 2016 in Dänemark geboren wurden, und nutzten die umfassenden medizinischen Register des Landes, um Daten zu Geburten, Metformin-Verschreibungen bei den Vätern und Geburtsfehlern zu erhalten und mögliche Zusammenhänge zu ermitteln. Bei den 1451 Nachkommen von Männern, die in den 90 Tagen vor der Empfängnis, dem Zeitraum, in dem Spermien gebildet werden, Metformin-Rezepte einlösten, fand das Team eine Rate von 5,2% bei den Geburtsfehlern, verglichen mit 3,3% bei nicht exponierten Babys. Dies bedeutet eine 1,4-mal höhere Wahrscheinlichkeit für mindestens einen Geburtsfehler, einschließlich Genital-, Verdauungs-, Harn- und Herzfehler.
Die Zahlen waren insgesamt gering – 13 Metformin-exponierte Jungen wurden mit Genitalfehlern geboren. Aber nachdem die Forscher Faktoren wie das Alter der Eltern und den Raucherstatus der Mutter mit berücksichtigt hatten, stellten sie einen 3,39-fachen Anstieg der Wahrscheinlichkeit eines Genitalfehlers fest. „Die Rate an sich war überraschend hoch“, so Wensink.
Forscher entdeckten keine Auswirkungen auf die Nachkommen von Männern, die das Medikament früher im Leben oder im Jahr vor oder nach dem 90-Tage-Fenster der Spermienproduktion einnahmen.
Vorläufige Ergebnisse, die bestätigt werden müssen – andere Faktoren könnten möglicherweise Rolle spielen
Die Forscher räumen jedoch ein, dass sich Männer mit Diabetes, die Metformin einnahmen, und diejenigen, die dies nicht taten, möglicherweise bei anderen Faktoren wie Übergewicht oder wie gut ihre Krankheit kontrolliert wurde, unterschieden haben könnten – Daten, die den Experten nicht zugänglich waren.
Die Wissenschaftler sind sich auch nicht sicher, wie sich das Medikament auf die Spermien auswirkt. Studien an Fischen und Mäusen deuten darauf hin, dass Metformin die Entwicklung männlicher Fortpflanzungsorgane stören kann, und eine kleine Studie ergab, dass Metformin den Testosteronspiegel im Serum bei Männern senkt.
Schlussfolgerungen lassen sich noch nicht ziehen und weitere Forschungsarbeiten zu diesem Thema werden erforderlich sein.
Quellen: Science, Annals of Internal Medicine