Kindliches Rheuma: Krankheitsschübe durch Bewegungsmangel
Italienische Experten beobachteten bei Kindern mit der rheumatischen Erkrankung „juvenile idiopathische (selbständige Erkrankung) Arthritis“ vermehrt Krankheitsschübe während des Coronalockdowns. Bei fast 17% der Kinder, bei denen die Krankheit inaktiv war, flammte das Entzündungsgeschehen wieder auf. Im Vorjahr erlitten nur 6,3% der Kinder einen rheumatischen Rückfall.
„Da die Kinder sich gut an die sonstigen Therapievorgaben hielten, kann diese Verschlechterung nur durch Bewegungsmangel erklärt werden“, schließt sich Prof. Dr. Hans-Jürgen Nentwich, Kinder- und Jugendarzt sowie Mitglied des Expertengremiums beim Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), der Vermutung der italienischen Wissenschaftler an. Den Autoren zufolge müsste über personalisierte Trainingsprogramme für zuhause nachgedacht werden, falls Kinder nicht auswärts trainieren können.
Juvenile idiopathische Arthritis gehört zu den häufigsten Erkrankungen in der Kindheit, die zu körperlichen Einschränkungen führt. Die Ursache ist unbekannt. Unbehandelt verläuft die Krankheit in Wellen mit Verschlimmerungen und Perioden geringer Aktivität oder – selten – keiner Aktivität. Im Laufe der Zeit kommt es zu immer mehr Bewegungsproblemen. Die Therapie der juvenilen ideopathischen Arthritis besteht aus der Verabreichung von entzündungshemmenden und krankheitsmodifizierenden Substanzen (synthetisch oder biologisch) sowie regelmäßiger körperlicher Bewegung.
Körperliche Aktivität bietet viele Vorteile
„Der Körper produziert während der körperlichen Anstrengung Glückshormone, sogenannte Endorphine, die helfen, Schmerzen, Gelenksteifigkeit und Angstzustände zu lindern. Dehnübungen sind wichtig, um die Beweglichkeit zu erhalten. Kinder mit Rheuma neigen dazu, betroffene Gelenke in "Schonposition" zu halten, d.h. gebeugt. Dies kann schnell zu einem Verlust der Beweglichkeit und einer Verkürzung führen, sodass das Gelenk in einer gebeugten Position verbleibt. Kräftigungsübungen können helfen, die Muskelkraft zu erhalten oder zu verbessern und damit die Gelenke zu entlasten. Der Kinder- und Jugendarzt kann zusammen mit einem multidisziplinären Team, z.B. bestehend aus Physiotherapeut, Orthopäden und Rheumatologen, dabei helfen festzustellen, welche Sportarten für das Kind geeignet sind“, erläutert Professor Nentwich.
Die beim Sport beteiligen Gelenke sollten eine möglichst geringe Entzündungsaktivität aufweisen und das Training sollte zu keinem anhaltenden Schmerz führen. Insbesondere zerrende Stauch- und Stoßbewegungen, wie z.B. bei Squash, bei Kampfsportarten, sind zu vermeiden, da sie die Gelenke zu sehr belasten. Häufiger, abrupter Richtungswechsel, Stopps und Stoßbelastungen sowie nicht achsengerechte Gelenkbelastung bergen ein erhöhtes Verletzungsrisiko für Rheumapatienten.
Eine aktuelle Umfrage hat ergeben, dass junge Rheumapatienten, die im Alltag Funktionseinschränkungen erleben, mit großer Wahrscheinlichkeit keinen Sport trieben (79%). Gründe für die Inaktivität waren zum einen mangelndes Interesse, zum anderen aber auch fehlende Möglichkeiten (25%) und z.T. die Einschränkungen selbst (22%).
Quellen: Arthritis Care Res (Hoboken), MedPage Today, Auboutkidshealth.ca, Arthritis Foundation, rheuma plus
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