Weniger ist mehr: Wie Kinder richtig naschen lernen

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Jedes sechste Kind in Deutschland ist seit Beginn der Corona-Pandemie dicker geworden, in der Altersgruppe der 10- bis 12-Jährigen sogar fast jedes dritte Kind. Knapp die Hälfte der Kinder und Jugendlichen bewegt sich weniger als zuvor, über ein Viertel isst mehr Süßigkeiten. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) und des Else Kröner-Fresenius-Zentrums (EKFZ) für Ernährungsmedizin an der Technischen Universität München.
Verändertes Gesundheitsverhalten mit Risiken
Das veränderte Gesundheitsverhalten könnte sich verfestigen und das Risiko für Erkrankungen wie Adipositas und Diabetes erhöhen, befürchtet das Studienteam. Ein vermehrter Zuckerkonsum gefährdet zudem die Zahlgesundheit.
Werbeverbote für ungesunde Lebensmittel, eine Mehrwertsteuerbefreiung für Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte sowie eine Zuckersteuer für Süßgetränke zählen daher zu den Forderungen von Expertinnen und Experten. Eine Analyse von Daten aus 45 Ländern, die bereits eine Zuckersteuer eingeführt haben, ergab, dass diese zu einer Reduktion des Verkaufs von verteuerten Süßgetränken um 15 Prozent führt.
Maßhalten statt Verbote
Aber auch die Eltern sind gefordert, in der Familie für einen gesunden Lebensstil zu sorgen – und selbst ein Vorbild zu sein. Doch den Zuckerkonsum einzuschränken, ist gar nicht so einfach. Denn Kinder lieben Süßes – eine Vorliebe, die schon von Geburt an besteht. Die Stiftung Kindergesundheit plädiert daher dafür, Kindern nicht alle Süßigkeiten zu verbieten, sondern auf einen sinnvollen Umgang zu achten.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt, höchstens 10 Prozent der täglichen Energieaufnahme aus Süßwaren zu gewinnen, idealerweise sogar höchstens 5 Prozent. Das ist weniger, als viele Eltern glauben. Bei einem Kind im Vorschulalter ist die Höchstmenge schon mit einer Kugel Eis erreicht, wie die Stiftung Kindergesundheit betont.
Um die verzehrte Zuckermenge besser einschätzen zu können, empfiehlt sich nicht nur bei Süßigkeiten, sondern auch bei Getränken und Fertigprodukten wie Ketchup oder Würstchen ein Blick in die Zutatenliste auf der Verpackung. Beim Einkauf von Lebensmitteln lohnt es sich, auf den „Nutri-Score“ zu achten und Produkte mit grüner Kennzeichnung zu bevorzugen.
Tipps für den richtigen Umgang mit Süßigkeiten
Im Umgang mit Süßigkeiten wie Gummibärchen, Keksen, Schokolade und Co. helfen folgende Familienregeln:
- Benutzen Sie Süßigkeiten nicht als Belohnung, Druckmittel oder Strafe. Dann bleiben sie lediglich eine kleine Leckerei und bekommen keinen unangemessenen Gefühlswert.
- Lassen Sie Süßigkeiten nicht zu einem ernsthaften Familienproblem werden. Wiederholte Auseinandersetzungen und Verbote machen Süßigkeiten zu etwas Außergewöhnlichem und könnten deren Reiz erhöhen.
- Legen Sie keine Süßwarenvorräte an, die als süße Verlockungen jederzeit griffbereit sind und zum Naschen verleiten.
- Bei Appetit auf Süßes bieten Sie Ihrem Kind am besten ein Stück frisches Obst oder Karottenstifte zum Knabbern an.
- Süßigkeiten sollten nach Möglichkeit nur einmal am Tag gegessen werden, anschließend Zähne putzen nicht vergessen!
- Großeltern und anderer Besuch sollten als Mitbringsel statt Süßigkeiten besser Obst, eine Kinderzeitschrift oder ein kleines Spielzeug wählen.
Quellen:
Folgen der Pandemie: Jedes sechste Kind ist dicker geworden. Forsa-Umfrage (31.05.2022)
Zucker – die süße Verführung. Stiftung Kindergesundheit (pdf/zuletzt abgerufen 04.10.2022)
Guideline: sugars intake for adults and children. World Health Organization (WHO) (04.03.2015)
Andreyeva T et al.: Outcomes Following Taxation of Sugar-Sweetened Beverages. JAMA Netw Open 2022; 5 (6): e2215276