Tollwut durch Fledermaus?

3. Februar 2022

Sehr geehrte Damen und Herren,

Vor 8 Tagen hat der Schulhausmeister eine tote Fledermaus im Klassenzimmer gefunden. Die Kinder durften sie streicheln. Meine beiden Söhne haben es leider gemacht.

Heute kommt mir die Frage, ob dadurch eine Tollwuterkrankung übertragenen werden konnte. Ich habe gelesen, dass die Übertragung durch Speichel oder Blut stattfinden kann.

Die Hände haben sie sich danach leider nicht gewaschen. Ob die die Hände in den Mund genommen, ein Pausenbrot gegessen oder sich in den Augen gerieben haben, weiß ich leider nicht.

Ich mache mir große Sorgen. Eine Impfung wäre zudem vermutlich zu spät.

Vielleicht können Sie mir helfen.
Viele Grüße

Deutschland gilt wie viele andere europäische Länder als frei von terrestrischer Tollwut, die durch am Boden lebende Tiere übertragen wird. Bei Fledermäusen können auch in diesen Gebieten Tollwutviren vorkommen.

Tollwut bei Fledermäusen ist selten. Nach Informationen des Friedrich-Loeffler-Instituts wurde im Rahmen der Tierseuchenüberwachung in Deutschland über einen Zeitraum von 30 Jahren bei mehr als 1400 Fledermäusen der Verdacht auf Tollwut abgeklärt, bei rund 300 dieser Tiere wurde Tollwut festgestellt (openagrar.de/…/openagrar_mods_00050897, Stand August 2019).

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) trat in Europa der letzte durch einen Fledermausbiss verursachte Todesfall an Tollwut bei einem Menschen im Jahr 2002 in Schottland auf.

Die Übertragung von Tollwutviren von infizierten Tieren auf den Menschen erfolgt in der Regel durch einen Biss. Auch durch Speichel infizierter Tiere ist eine Ansteckung möglich, wenn dieser mit Hautverletzungen oder der Schleimhaut in Kontakt kommt. Außerdem kann es zu einer Übertragung von Tollwutviren auf den Menschen bei Organtransplantationen von unerkannt mit Tollwutviren infizierten Spendern kommen. Eine Übertragung durch Aerosole ist in Einzelfällen beschrieben, in Abhängigkeit von der Virusmenge im Speichel sowie von einem Kontakt mit der Schleimhaut. Die Viren überleben generell nur sehr kurze Zeit außerhalb des Körpers in der Umwelt, wobei UV-Licht und Trockenheit die Überlebenszeit beeinträchtigen. Bloßes Berühren oder auch Kontakt zu Blut, Urin oder Kot eines tollwutverdächtigen Tieres stellen keine Übertragungswege für Tollwut dar (rki.de/…/Ratgeber_Tollwut.html).

Eventuell aufgefundene lebende Fledermäuse sollten jedoch allenfalls mit dicken Handschuhen angefasst werden, um Verletzungen zu vermeiden. Das Berühren von Tierkadavern mit bloßen Händen sollte ebenfalls vermieden werden, insbesondere wenn das Übertragen auch von anderen Infektionen nicht auszuschließen ist.

Bei Verdacht auf einen Kontakt mit dem Tollwutvirus würde eine nachträgliche (postexpositionelle) Impfung und eventuell die Gabe von Immunglobulin erfolgen: Bei oberflächlichen Kratzern durch ein Tollwut-verdächtiges oder tollwütiges Tier oder eine Fledermaus oder wenn diese nicht intakte Haut belecken, werden nicht oder unvollständig vorgeimpfte Personen nachträglich geimpft. Nach Bissverletzungen, Kratzwunden oder wenn der Speichel eines tollwutverdächtigen oder tollwütigen Tieres oder einer Fledermaus an die Schleimhäute oder an eine Wunde gelangt ist, wird zusätzlich zur postexpositionellen Tollwut-Immunglobulin gegeben. Zuvor vollständig grundimmunisierte Personen werden ebenfalls erneut geimpft, erhalten jedoch kein Immunglobulin. Nach dem Berühren oder Füttern von Tieren oder Belecken von intakter Haut wird keine postexpositionelle Impfung nötig (rki.de/…/Tabelle.html, S. 46f).

Postexpostionelle Maßnahmen gegen Tollwut sollten möglichst unverzüglich erfolgen. Wurde dies versäumt, würden sie baldmöglichst nachgeholt werden – auch noch nach Wochen, da die Dauer zwischen Ansteckung und Ausbruch der Tollwut Wochen, Monate oder sogar Jahre betragen kann.

Bitte haben Sie Verständnis, dass wir nur allgemeine Hinweise geben, aber keine individuelle Beratung leisten können. Bei Sorgen um die Gesundheit Ihrer Söhne wenden Sie sich am besten an Ihren Kinderarzt oder Ihre Kinderärztin.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Gesundes-Kind-Team

*Die in den Antworten gegebenen Informationen entsprechen dem wissenschaftlichen Stand zum Zeitpunkt der Erstellung.
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Unser Expertenrat vom Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin an der Universitätsmedizin Mainz beantwortet Ihre Fragen zum Thema Impfschutz für Kinder.